Klaus Scharfschwerdt - Der Trommler ist ein kleiner Dickkopf



Die Puhdys - 30 Jahre Rockgeschichte


Sie sind ein Stück DDR. Zu ihrer Musik, den Liedern aus dem Film "Die Legende von Paul und Paula"
und Hits wie "Alt wie ein Baum", haben Generationen getanzt, geträumt und geliebt. Die Puhdys sind
die erfolgreichste deutschsprachige Rockband überhaupt. Seit ihrer Gründung haben die Ostberliner über 18
Millionen LPs verkauft. Dieses Jahr werden die Puhdys 30 Jahre alt. Und das muß gefeiert werden. Am
Sonnabend steigt das 3000. Konzert der Band - ab 18 Uhr in der Waldbühne (49 Mark). Der KURIER zählt den
Countdown ein: Wir stellen jeden Tag einen Puhdy vor und verlosen Tickets, CDs und Bücher.Der Drummer teilt

das Schicksal von Stones-Gitarrist Ron Wood: Für die anderen Puhdys ist Klaus Scharfschwerdt (45) immer noch
der "Neue" - obwohl er nun schon seit 20 Jahren bei den DDRockern trommelt. Klaus ersetzte Gunter Wosylus,
der 1979 ausstieg. Damit änderte sich auch der Sound, wurde härter, dynamischer ("Melanie"). Der Grund:
Klaus Scharfschwerdt ist gelernter Hardrock-Trommler, bearbeitete bei Prinzip die Felle und wurde viermal zum
besten DDR-Schlagzeuger gekürt. "Alice Cooper, Aerosmith, Queen - das waren so meine Helden. Und dann
natürlich Jon Bonham von Led Zeppelin - ich mag seine Art zu trommeln unheimlich", sagt er. "Auf die Musik der
Puhdys stand ich nicht so, da bin ich ganz ehrlich. Aber dann habe ich sie live gesehen und war beeindruckt, von der total professionellen Show, absolut super."

Der unterschiedliche Musikgeschmack sorgt manchmal aber auch heute noch für Konflikte. "Ich bin zehn Jahre
jünger, höre andere Musik als Maschine", sagt Klaus. "Wenn mir dann eine seiner Ideen nicht gefällt, kann ich
ganz schön impulsiv reagieren." "Leider", fügt er bedauernd hinzu. Der Trommler setzt sich dann auf sein
Fahrrad und dreht einige Runden durch den Wald - um sich zu beruhigen. "Ich habe starke
Stimmungsschwankungen. Mich nerven Monate, in denen der Himmel grau ist, es regnet und schneit." Und
"Frühling, Sommer, Herbst und Winter" - eine Textzeile aus "Jahreszeiten" (1983), neben dem Hit "TV-Show" der
Puhdys Antwort auf die Neue Deutsche Welle. "Schrecklich, die Dinger mußte ich singen. Ich, der Trommler.
Wenn es davor eine peinliche Situation gab, konnte ich mich immer hinter dem Schlagzeug verstecken. Und nun
mußte ich an den Bühnenrand. Das hat mich so angekotzt."

Viel lieber erinnert er sich da an die ersten Waldbühnen-Konzerte der Puhdys, Anfang der 80er. "Das war irre",
staunt er noch heute. "Eine Woche vorher spielten Queen - vor 7000 Leuten. Und uns jubelten 18 000 Fans zu."
Und nun naht wieder die Waldbühne, das 3000. Konzert.

Klaus Scharfschwerdt ist der einzige Puhdy, der dafür trainiert hat. "Unser letztes Konzert vor der Jubiläumstour
war im Dezember", sagt der Drummer. "Wenn ich so lange nichts mache, ist die Kondition weg, ich bekomme
beim Trommeln Blasen an den Fingern. Vierzehn Tage vor der Tour zwinge ich mich immer, täglich zwei, drei
Stunden zu üben." Das ist auch gut für die Figur. "Als wir uns vor kurzem bei einem Konzert in der Garderobe
umzogen, merkte ich, daß Maschine der Schlankeste ist", sagt der 45jährige. "Seitdem halte ich strenge Diät."
Klaus ist zur Zeit voll auf Knäckebrot.


Quelle: Berliner Kurier, 1999