1969 - 2004 Die PUHDYS kommen
Die
PUHDYS waren schon immer eine sehr geschäftstüchtige
Band, denn nicht umsonst besaßen sie in der DDR mit Harry Jeske den
besten Manager des Landes. Wie kein zweiter besorgte er „Musikalische Gelegenheitsgeschäfte“
(oder auch „Muggen“ genannt) und wie kein zweiter knüpfte er schon damals
Kontakte in den Westen, weshalb die PUHDYS dort auch sehr
oft auftraten und eine große Fangemeinde besaßen. Diese Geschäftstüchtigkeit
zahlte sich auch nach der Wende aus, zumal sich die PUHDYS ja
schon mit den westlichen Marketingmethoden sehr gut auskannten. Trotzdem
blieben sie auch nach der Wiedervereinigung auf dem Boden und widmeten sich
von nun an in ihren Texten und im Handeln immer mehr den abgeschriebenen
Menschen in den aufgekauften neuen Bundesländern.
1990 - 1992
Mit „MASCHINE & MÄNNER“
scharrte „Maschine“ Dieter Birr (Gitarre und Gesang), 1990 gleich 4 namhafte
Ostrocker um sich: Als ersten Klaus Scharfschwerdt an den Drums (Klaus war
bereits seit 1979 Drummer bei den PUHDYS und hat in den späten 80ern
auch als Aushilfe auf Konzerte bei Stern Meißen gespielt).
Nr.2 André Kunze an den Keyboards. Dieser hatte seit 1987
schon bei Chicoree gespielt und später die PUHDYS - Alben „Wilder Frieden“,
„Zufrieden“ und „Dezembertage“ produziert. Nr.3 bei "MASCHINE UND MÄNNER"
Mit „MASCHINE & MÄNNER“
entstand 1990 eine Single mit den Titeln „Du braver Soldat“ und „Ewig
leben“.
1990 erreichten die PUHDYS , dass sie die Rechte auf ihre
eigenen Titel, die bis dahin ja noch bei AMIGA lagen, wiederbekamen und
gründeten zum Anfang des Jahres 1991 einen eigenen Verlag, den „PUHDYS
Musikverlag Paderborn“. In Paderborn gab es schon vor der Wende einen PUHDYS
Fanclub und 1991 zeichnete er rund 2000 Mitglieder.
Im März 1991 räumt „Maschine“ in einem Interview in der Fernsehzeitschrift
„FF Dabei“ ein, das es 1992 wieder ein Album der PUHDYS geben
könnte.
1992, nachdem die Ostdeutschen nun endlich begriffen hatten das im Westen
auch alles Scheiße ist, beruft man sich wieder auf seine eigenen Werte.
Musikgruppen aus der nun ausverkauften DDR feierten wieder Comebacks und
es fanden etliche Revivals in Diskotheken, bei Messen oder Ostrockkonzerten
statt. Das wachsende Interesse der Menschen an ihrer alten Musik rief
wieder Bands auf den Plan, die sich schon längst aufgelöst hatten.
Vorreiter dafür waren nach den Anfängen der siebziger wieder einmal
die PUHDYS, die am 18. April 1992 ihr offizielles Comeback in Berlin-Schönefeld
bestritten und dem sich dann auch eine neue Tour anschloss.
Auf dem ersten „Ostival“ treten im Oktober 1992 in Halle wieder viele
alte Ostrockbands gemeinsam auf, u.a. auch die PUHDYS, CITY, PANKOW,
ELEKTRA, KARAT, POSSENSPIEL und DIE ZÖLLNER.
Dieses Festival der Ostbands wurde zum vollen Erfolg und seither auch noch
des öfteren wiederholt.
Unter dem Arbeitstitel „Gemischte Gefühle“ erscheint 1992 als letzte
Schallplatte von den PUHDYS das Album „Frei wie ein Engel“
bei der AMIGA - Nachfolge-Plattenfirma DSB („Deutsche Schallplatte Berlin“),
welche damals ihren Sitz am Reichstagufer 4-5 am S-Bhf. Berlin - Friedrichstraße
hatte. Als Verleger zeichneten sich neben dem „PUHDYS Musikverlag Paderborn“
auch der DSB Musikverlag ein. In dem Titelsong „Wie ein Engel“ wird eine
damals genauso beliebte wie gefährliche Freizeitbeschäftigung von
ostdeutschen Jugendlichen beschrieben - Das S-Bahn surfen – bei dem man sich
mit einer Hand an der Tür aus dem Zug hing um Frei /Wie ein Engel/ im
Wind zu schweben. Viele kamen damals durch Masten und Brückenpfeiler
ums Leben. war 1990 an der zweiten Gitarre
Michael Lehrmann. Er war schon in der Katrin Lindner & Schubert Band,
bei Stern Meißen bzw. ab 2000 bei Veronika Fischer. Und als letzter
Axel Schäfer am Bass, der ab 1987 ebenfalls bei Stern Meißen spielte
dann bei „Bobo In White Wooden Houses“ war und ab 2000 auch bei Veronika Fischer
landete.
1993 - 1994
Das Jahr 1993 wird zum
Jahr der Wiederveröffentlichungen. Beim Deutschen Schallplattenbund,
dem AMIGA Nachfolger erscheint das Best of Album „Das Beste aus 25 Jahren“
und alle alten LPs werden auf CD neu aufgelegt.
1993 ist aber auch das Jahr der Stasi-Vorwürfe gegen Keyboarder Peter
Meyer. Der „Stern“ berichtet in seiner Ausgabe Nr. 34 vom 19. August, dass
die Gauck-Behörde auf den Decknamen „Peter“ gestoßen sei. Von
1973 – 1989 wurde über Meyer eine Akte beim Mfs geführt. Meyer
selbst räumt die Kontakte zum Mfs folgendermaßen ein: „Das mag
ein Fehler gewesen sein, wichtig aber war der Effekt. Wenn es Probleme bei
uns gab oder auch bei anderen Kollegen, sprach ich mit den Leuten aus dem
Zentralkomitee, dem Kulturministerium oder eben mit der Stasi. Ich habe aber
niemanden angeschissen.“ Das eine Akte über ihn geführt werden würde
hatte er sich schon denken können, aber Meyer weist strikt die Vorwürfe
zurück er sei „inoffizieller Mitarbeiter“ gewesen. Er habe weder eine
Verpflichtungserklärung unterschrieben, noch habe er Geld bekommen.
Als Chef der Sektion Rockmusik beim DDR – Komitee für Unterhaltungskunst
hatte er mit seinen Kontakten für die PUHDYS und andere Rockbands nur
Freiräume schaffen wollen. Erst kurz vor den Vorwürfen informiert
Meyer den Rest der Band, berichtet der „Stern“ weiter. „Ich sah bis dahin
keine Veranlassung dafür, weil ich mir nichts vorzuwerfen habe.“ Gitarrist
Dieter Hertrampf meint: „Wir waren doch alle zufrieden, das einer von uns
mit den Pappköppen geredet hat."
Am 31. Oktober 1993 berichtet die „Bild am Sonntag“ folgendes:
PUHDY (56) HEIRATET SCHÖNE PHILLIPININ (25) Auf den Phillipinen traf
PUHDYS – Gitarrist Harry Jeske die Liebe seines Lebens. Die schöne Erma
ist 31 Jahre jünger als der Musiker und eigentlich hatte er sich geschworen,
nie wieder zu heiraten. Doch jetzt ist sein Herz entflammt. Der Bassisthat
heimlich in Dänemark im engsten Familienkreis geheiratet. „Ich fühle
mich mit ihr so wohl wie in den letzten 30 Jahren mit keiner anderen Frau.“
schwärmt Harry „Ich war Anfang 1992 auf den Phillipinen und saß
dort in einem Cafe`. Sie tanzte einen traditionellen Philippinentanz und
hatte Kerzen auf den Handflächen. Erma bewegte sich märchenhaft
grazil.“ Es folgte ein gemeinsamer Urlaub in Thailand. Im März 93`beschloss
das Paar zu heiraten. „Wir haben in Dänemark geheiratet,“ sagt Harry
„weil unsere Behörden noch unbedingt einen Stempel vom deutschen Konsulat
in Manila auf der Geburtsurkunde von Erma haben wollten. Meine Frau hätte
extra noch mal zurückfliegen müssen, um diesen Stempel zu holen.
In Dänemark wurden die beglaubigten Papiere auch so anerkannt.“ Es war
eine kleine Feier und selbst die anderen 4 PUHDYS erfuhren die Nachricht
erst nach der Hochzeit. „Als ich wieder in Berlin war, habe ich Sekt auf den
Tisch gestellt und einfach nur gesagt: Übrigens – Ich habe geheiratet.“
Zum Anfang des Jahres 1994 erscheint bei Amiga
/ BMG das Live-Album „PUHDYS Live – 25 Jahre die totale Aktion“
und ein Album mit vielen PUHDYS - Raritäten. Drauf enthalten
auch ein uralter Schinken von 1960, der „Susi Baby Twist“, des damals 16
Jährigen Maschine aber auch Stücke von den ersten Singles der PUHDYS.
Im selben Jahr erscheint dann bei Dakoda, dem ersten eigenen PUHDYS Label,
das insgesamt 18. und 2. Album nach der Wende „Zeiten ändern sich“.
Als erste Single wird daraus der Titel „Keine Ahnung“ ausgekoppelt.
Im 25. Jahr ihres Bestehens feiern die PUHDYS wieder die
große Erfolge. Waren es 1992 mit ihrem Comeback noch die relativ kleineren
Brötchen die gebacken wurden, füllten sie 1994, seit der Wiedervereinigung
wieder die großen Hallen. Vom 27. – 29.04. spielen sie z.B. in „Huxleys
Neue Welt“ in Berlin und alle drei Konzerte waren restlos ausverkauft. Alte
Fans, die verloren geglaubt wurden feierten wieder die Idole aus ihrer Jugendzeit,
aber auch neue Fans, in einem alter das sie eigentlich gar keinen Bezug zu
den PUHDYS haben müssten, werden hinzugewonnen.
Im Elephantenpress Verlag erscheint das dritte Buch über die PUHDYS,
mit dem Titel „PUHDYS – Eine Kultband aus dem Osten“. Vor allem Journalisten
und Wissenschaftler, alle in einem Alter, daß ihnen die PUHDYS zum
Jugenderlebnis werden konnten, lassen sich über die fünf aus. In
einer Vielseitigkeit und Unbefangenheit, wie es bisher selten der Fall war,
reflektieren sie wie sich der DDR Alltag im PUHDYS - Rock niederschlug,
wie der Spagat zwischen Fans und „Partei- und Staatsführung zu bestehen
war und wie sich die DDR Rockszene zur Kulturverwaltung verhielt. Auch Gregor
Gysi äußert sich in diesem Buch von Irmela Hannover und Peter
Wicke.
19. November 1994. Die PUHDYS kehren zum Geburtsort ihrer
25 jährigen Geschichte, ins Freiberger „Tivoli“ zurück. Damals
1969 bekamen sie noch 7,70 M Gage. Diesmal ist das Haus mit 1500 Leuten proppevoll
und die Gage schon längst ein Geheimnis. Zu den ersten Gratulanten gehört
auch die Gruppe Karat, die eigens für die Geburtstagskinder eine Neufassung
des Titels „Über sieben Brücken“ komponierten. Auf der anschließenden
Party im Bergwerksstollen feierten die PUHDYS mit Fans und
Freunden bis spät in die Nacht hinein. Am nächsten morgen, alle
noch total übermüdet, pflanzen die PUHDYS eine 25
Jahre alte Eiche direkt vors „Tivoli“.
Einige der PUHDYS probieren sich immer mehr auch auf anderen
künstlerischen Gebieten aus. Harry Jeske z. B. erfüllte sich einen
seit einigen Jahren gehegten ganz besonderen Wunsch. Er schrieb die Liedergeschichte
„Heiko der Haifisch"für Kinder. Als er mit seiner Frau Erma an einem
asiatischen Strand Urlaub machte, träumte er von einem sonnenbebrillten
Haifisch auf einem Fahrrad. Er zeichnete seinen neuen Freund und brachte
Text und Komposition auf dem Nachhauseflug recht schnell aufs Papier. IC Falkenberg
schrieb die Arrangements und produzierte die Songs bei Ralf Bursy im Studio.
Mitwirkende auf der CD war u.a. auch Hans die Geige. Zum Ende 1994 wird das
ganze dann auch, vergleichbar mit Maffays “Tabaluga“, als Musical aufgeführt.
Im Dezember des Jahres 1994 sind Peter & Maschine zu Gast beim MDR
Fernsehen in der Sendung „Riverboad“. Sie plaudern aus 25 Jahren PUHDYS
Geschichte und was sie außerdem noch so machen.
1995 - 1996
Im Mai 1995 steigen die PUHDYS ins
Werbegeschäft ein. Für ein Berliner Bier aus dem Ostteil der Stadt
schreiben sie einen Werbesong der in einem kurzen Spot im Berliner Rundfunk
Prämiere feiert. Auf mehreren Rundfunk und Fernsehstationen lief er
seither und brachte den PUHDYS von einigen Leuten den
unrühmlichen Ruf der Anbandelung mit westlichen Werbestrategien und
der Kohlemacherei ein. Der Text zu dem Titel „Was gut ist setzt sich durch“
bewies jedoch wieder einmal mehr wie gut die PUHDYS sich und
andere vermarkten können ohne ihr Gesicht zu verlieren. Dieser Text
sollte nämlich auch Mut machen. Mut machen sein Leben nicht aufzugeben
und etwas daraus zu machen. Dieser Titel ist eine Mischung aus DDR – Nostalgie
und Aufsteigerstolz.
Sonntag, 22. Mai 1995 / 19:45 Uhr: Vor der Party Hansa Rostock gegen den
1. FC Saarbrücken im Rostocker Ostseestadion gibt es eine ganz besondere
Prämiere. Die PUHDYS stellen ihre nächste Single,
eine Hymne für den Fußballclub aus dem Nordosten Deutschlands
FC Hansa Rostock vor. Diese Hymne entstand auf Anregung vom damaligen Vereinspräsidenten
Peter-Michael Diestel, einem guten Freund von PUHDYS Keyboarder
Meyer. Die Filmaufnahmen für das dazugehörige Video wurden übrigens
nur einen Tag später, am Montag gedreht und zu sehen war darin eine
kleine Party zwischen den PUHDYS und Hansa Rostock, welche dann auch
Medienwirksam mit einem Unentschieden endete.
Am 14.07.1995 traten die PUHDYS, wiederum im Rostocker
Ostsee-Stadion als Vorband für Rod Steward auf. Die Ostseezeitung berichtet:
„Die Versuche, das Publikum zum mitsingen zu bewegen, gab Rod Steward schnell
wieder auf. Solche Appelle an den Gemeinschaftsgeist der Zuhörer fielen
den PUHDYS leichter. Mit Titeln wie `Alt wie ein Baum` oder
`Lebenszeit` bestritten die Veteranen des Ostrocks auch im Ostsee-Stadion
ein Heimspiel. Und zur neuen FC Hansa Hymne, an diesem Ort unvermeidlich,
schwenkten zahlreiche Zuhörer ihre blau – weißen Schals. Da hatte
es ein Weltstar wie Rod Steward, als Anhänger der schottischen Fußball
– Nationalmannschaft einfach schwerer.
Anfang 1996 erscheint das zweite Live Album der PUHDYS mit
dem Titel „Inflagranti“. Darauf enthalten auch der Titel „Halbzeit“, gesungen
von Harry Jeske. Mit diesem ersten, selbst gesungenen Titel gab Bassist Harry
Jeske erstmals seine Bereitschaft bekannt in die wohlverdiente Rockerrente
zu gehen, wovon die Medien damals jedoch noch keinen Wind bekamen. Er wollte
sich ab Ende 1997 endgültig von den PUHDYS verabschieden
und mit seiner Frau Erma auf die Phillipinen zurückziehen. Er hatte
einfach die Nase voll von den PUHDYS und sein Gesundheitszustand
ergab das Übrige. Bereits seit 1987 hatte er Zucker, und der ist ja bewiesenermaßen
Stressbedingt. Außerdem leidet er bereits an MINEA. MINEA kommt durch
Lautstärke, Stress, Hektik, Psycho und die Nerven. Und von all dem hatte
er seiner Meinung nach genug in seinem Leben mit den PUHDYS.
16. Mai 1996: Die PUHDYS sollen mit vielen anderen Ostrockbands
in der Berliner Waldbühne für die Fernsehsendung ROCKPALAST auftreten.
Der „Berliner Kurier“ berichtet am Montag darauf folgendermaßen: „Das
`Rockpalast`- Festival endete mit einem Eklat. Als den PUHDYS vom
Veranstalter die wohlverdiente Zugabe verweigert wurde, Pfiffe und Sprechchöre
nicht fruchteten, protestierte ein Großteil der 16 000 Fans mit den
Füßen und wanderten vorzeitig ab. Die Prinzen mussten dies ausbaden
und zum Schluss hörten ihnen gerade mal 5 000, jedoch jubelnde Fans
zu. Schade, denn ansonsten war das 6 stündige Rockspektakel rundum gelungen.“
Des weiteren spielten noch die „Stern Combo Meißen“,
„Die Zöllner“, „City“ und „Extrabreit“
für diesen ROCKPALAST:
Das einzige Konzert in Berlin 1996 geben die PUHDYS Anfang
August des Jahres in der „Freilichtbühne Weißensee“ vor gut 3000
Zuschauern. Die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet am 8.August: „An diesem
Abend reichen die Plätze nicht aus. Vor dem Eingang zieht sich eine
Schlange von Wartenden durchs Wiesengrün. Jahrgänge, für die
die Pflegeversicherung eine praktische Bedeutung hat, breiten mitgebrachte
Decken im Halbrund aus. Die Jüngeren schleppen Berliner Pilsner in Bechern
herbei. Dazwischen tummelt sich, was man gemeinhin die besten Jahre nennt.
Rock für Generationen: Die PUHDYS sind wieder auf Tour,
aber diesmal nur einmal in Berlin.“
Schlusswort
Bis 1996 haben die PUHDYS bereits nach der Wende wieder über 300 000 Alben verkauft und gelangen somit wieder zur alten Topform, und ein Ende ist bis heute noch nicht abzusehen. Mehr über die Jahre ab 1997 erfahrt Ihr aber im nächsten, dem vierten und vorerst letzten Teil der „Circlestar PUHDYS Doku“ mit dem Titel „Jahrgang 69`“
UND TSCHÜSS!